Überraschende Studie  Stehen im Job ist noch schlimmer als Sitzen

Wer im Stehen abreitet, schadet seinem Herzen. So die Ergebnisse einer kanadischen Langzeitstudie.

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Ontario –

Wer eine Bürotätigkeit ausübt und auch sonst am Arbeitsplatz überwiegend sitzt, tut seiner Gesundheit keinen Gefallen. Wenn es um gesunde Verhaltensweisen und Herzgesundheit geht – so heißt es doch immer – habe permanentes Sitzen eine eher nachteilige Wirkung. Wer im Job hingegen viel Zeit stehend verbringt, halte das kardiovaskuläre Risiko im Gegensatz dazu gering. Diese verbreitete Annahme haben kanadische Wissenschaftler nun wiederlegt.

Sie wollten wissen, ob und wenn ja, wie sich ständiges Stehen im Job – beispielsweise im Einzelhandel, bei Köchen oder Kita-Erziehern – auf die Herzgesundheit auswirkt. Dieser Frage ging ein kanadisches Institut für Arbeit und Gesundheit in Ontario, Kanada in einer Langzeitstudie von 2003 bis 2015 nach und untersuchte die Beeinflussung der Körperhaltung am Arbeitsplatz auf das Herzerkrankungsrisiko. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin „American Journal of Epidemiology“.

Zweifaches Risiko für kardiovaskuläre Erkrankung bei stehender Tätigkeit

So lief die kanadische Langzeitstudie ab: 7.320 Arbeitnehmer, jeweils 50 Prozent Männer und die andere Hälfte Frauen, wurden zwölf Jahre lang begleitet. Zu Beginn der Studie wurden sie von den Wissenschaftlern gründlich durchgecheckt. Außerdem registrierten die Forscher, wer welchen  ausübte. Über durchschnittlich 12 Jahre bekamen die Forscher dann die Gesundheitsdaten der Testpersonen gestellt. Zu Beginn der Studie waren alle Testpersonen 35 Jahre alt und kerngesund.

Nach dem Beobachtungszeitraum wurde bei insgesamt 3,4 Prozent der Testpersonen eine Herz-Kreislauf-Erkrankung festgestellt. Zudem kam heraus: Das Risiko, eine solche Erkrankung zu entwickeln, ist deutlich höher, wenn man eine rein stehende Tätigkeit ausübt – im Gegensatz zu rein sitzenden Berufen oder Mischformen. „Das Risiko einer kardiovaskulären Herzerkrankung bei einer stehenden Berufstätigkeit im Vergleich zur sitzenden um das Doppelte erhöht“, fassen die Forscher zusammen. Mischformen stellten sich als genauso schlecht für das Herz-Kreislauf-System heraus wie sitzende Tätigkeiten.

Große Unterschiede zwischen Männern und Frauen

Zwischen den Geschlechtern bemerkten die Forscher teilweise große Unterschiede: Männer schnitten im Schnitt schlechter ab als Frauen. 4,6 Prozent der Männer und nur 2,1 Prozent der Frauen erhielten eine schlechte Diagnose zu ihrem Herz-Kreislauf-System.

Wenn sich stehende, sitzende und gehende Tätigkeiten am Arbeitsplatz regelmäßig abwechseln, so profitieren lediglich die Männer davon: Männer mit Jobs, in denen abwechselnd gesessen und gestanden wird, hatten ein 39 Prozent geringeres Risiko an einer Herz-Kreislauferkrankung zu erkranken als solche, die durchgehend sitzen. Frauen mit Mischjobs wiesen hingegen ein 80 Prozent höheres Risiko auf als solche, die viel saßen. 

Unterschiedliche Belastungen, Bewegungen und Stresslevel

Warum zwischen den Geschlechtern ein so großes Ungleichgewicht herrscht, konnten die Forscher nicht sagen. Jedoch bemerken sie, dass die männlichen Testpersonen mit Mischjobs häufiger als Kurierfahrer oder Retail Manager arbeiteten. Frauen mit Mischjobs arbeiteten als Krankenschwestern, Erzieherinnen, Grundschullehrerinnen oder Kassiererinnen – und alle diese Tätigkeiten haben ein auffallend hohes Stresslevel sowie andere Bewegungsmuster als die Jobs der Männer.

(sar)